Blindes verstehen

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Die Rheinpfalz

Zum ersten Mal in ihrer langjährigen Zusammenarbeit bei zeitraumexit stellen Wolfgang Sautermeister und Tilo Schwarz hier gemeinsam aus. „Füchse im  Abblendlicht“  ist der Titel ihrer Ausstellung. Auf Wolfgang Sautermeisters Arbeiten sind tatsächlich einige Füchse zu sehen, außerdem viel Licht in der Nacht. Aber in seiner Gegenständlichkeit ist der Titel eher ironisierend und relativierend gemeint.

Wenn sich der Maler und der Graphiker von zeitraumexit zu einer Ausstellung zusammentun, geht jeder individuell zu Werke. Nichts sei in der Konzeptionsphase geplant oder abgesprochen gewesen, versicherten beide bei der Vernissage. Sie traten da auch musikalisch mit E-Gitarre und Trommel auf. Spontan aus dem Augenblick geboren, versteht sich, und allein auf Klänge und Assoziationen ausgerichtet, wie es dem Gesamtkonzept von zeitraumexit entspricht. Wenn man so lange wie Wolfgang Sautermeister und Tilo Schwarz zusammenarbeitet, stellt sich auch ohne Absprache und quasi automatisch eine gewisse Übereinstimmung im Unterschiedlichen ein.
Sie liegt in der Reduktion auf Schwarzweiß, in der Reduktion allgemein. Reduktion des Motivs, Reduktion des Formats – die Mehrzahl der Arbeiten sind klein, einige extrem klein-, Reduktion der Mittel. Die Reduktion soll der Konzentration Raum geben, welche ihrerseits Assoziationen erwecken will. Zum Beispiel der Fuchs im Abblendlicht.
Sautermeister hat einen mit Kugelschreiber auf mehrere Sperrholzplatten gezeichnet, als ziehe er, angefangen beim Kopf und endend mit dem Schwanz, als kompakte schwarze Fläche vor den Augen des Betrachters vorbei, ähnlich wie ein Fuchs vor einem  Auto im Scheinwerferlicht  die Straße quert. Ein anderer Fuchs taucht wie eine Ahnung in der Nacht auf einem Blatt auf, das Teil einer viel- blättrigen Serie ist. Sie entstand nicht lange vor der Ausstellung und hat den Titel „Nacht/Außen. Es regnet“. Vielleicht ist sie die spannendste in der Ausstellung, aber was spannend ist und was nicht, entscheidet bei solch ausgeprägt konzeptionellem Ansatz der einzelne Betrachter.
Der Blick geht durch ein gedachtes Fenster nach draußen. Es ist Nacht, totale Schwärze. Es regnet, wird in weißer Schrift behauptet. Der Text notiert Gedanken und Gefühle, darunter auch Literaturzitate, manchmal eine Uhrzeit. Es könnten die kontinuierlien Beobachtungen einer einzigen Nacht sein, waren es laut Sautermeister aber nicht. Die Blätter entstanden in loser Folge über einen längeren Zeitabstand. Ähnlich, aber viel früher und eindimensional expressiv ist die Serie „Zittern  und  Beben“. In Acryl und Kreide auf schwarzen Karton notiert Sautermeister die weißen Explosionen schwarzer Gefühle.
Tilo Schwarz gibt viel weniger von sich preis: eine schwarze Porträtzeichnung, winzige Zeichnungen von „Wolken“ und „Nebel“. Zur Gegenüberstellung hat Sautermeister ähnlich winzige Zeichnungen aus seinem Fundus beigesteuert.
Videos gehören zu den regelmäßig bei zeitraumexit präsentierten Arbeiten. Sie faszinieren Künstler der Avantgarde, aber die wenigsten von ihnen haben überzeugende Wege gefunden, mit dem Medium umzugehen. Sautermeister und Schwarz auch nicht. Beide versuchen, die Hohlheit medialer Standards zu hinterfragen. Ein kurzer Moment in Endlosschleife: „Selbst als Cowboy“, Sautermeister schlabberig mit Jägerhut auf einem edlen Pferd. Schwarz präsentiert als ewig schalen Amateur-Urlaubs-Streifen, wie ein junger Mann über den Strand ins Wasser läuft. Heike Marx